Medienmitteilung

Von Bonn nach Baku: Die Schweiz hat Potenzial noch nicht ausgeschöpft

13.06.2024, Klimagerechtigkeit

Die internationale Klimakonferenz in Bonn ist ohne bedeutende Fortschritte zu Ende gegangen. Die Verhandlungen für ein neues Klimafinanzierungsziel kommen nicht voran. Die Schweiz muss bis zur COP29 in Baku ihren Spielraum nutzen, damit das neue Ziel die hohe Finanzierungslücke für Klimaschutz im Globalen Süden im Interesse aller Staaten schliessen wird.

Delia Berner
Delia Berner

Expertin für internationale Klimapolitik

+41 31 390 93 42 delia.berner@alliancesud.ch
Von Bonn nach Baku: Die Schweiz hat Potenzial noch nicht ausgeschöpft

© Christoph Driessen / dpa

Das Ergebnis nach zwei Wochen Klimakonferenz in Bonn ist ernüchternd – es gab weder sichtbare Fortschritte bei den Verhandlungen für ein neues Klimafinanzierungsziel noch eine klare Strategie, wie der in Dubai beschlossene Ausstieg aus den fossilen Energien angepackt werden soll. Damit die Vertragsstaatenkonferenz COP29 in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku ambitionierte Beschlüsse fällen kann, müssen alle Länder in den nächsten Monaten ihre Anstrengungen erhöhen. «Um die starken Meinungsverschiedenheiten zwischen grossen Verhandlungsgruppen zu überwinden, muss die Schweiz mithelfen, mehr Vertrauen zwischen Ländern des Globalen Südens und des Globalen Nordens aufzubauen», erklärt Delia Berner, Klimaexpertin bei Alliance Sud, die für das Kompetenzzentrum für internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik die Verhandlungen in Bonn verfolgt hat.

Ausstieg aus den fossilen Energien – aber wie?

Vergangenes Jahr an der COP28 in Dubai wurden wichtige Grundsatzentscheide gefällt, nämlich der Ausstieg aus den fossilen Energien und die Verdreifachung der erneuerbaren Energiekapazitäten. Diese Errungenschaften gälte es nun weiter zu konkretisieren. Beispielsweise braucht es zwischen den Ländern einen Austausch darüber, wie der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen zu gestalten ist. Die Schweiz hat mit dem klaren Ja zum Stromgesetz am letzten Sonntag einen wichtigen Schritt in diese Richtung gemacht. In Bonn konnten sich die Länder aber nicht auf weitere Präzisierungen der Beschlüsse aus Dubai einigen.

David Knecht, Klima- und Energieexperte bei der Entwicklungsorganisation Fastenaktion, sagt: «Der Ausstieg aus den fossilen Energien ist von zentraler Bedeutung für die ärmsten Menschen, denn sie leiden besonders unter dem Klimawandel.» Bettina Dürr, Klimaexpertin bei Fastenaktion, fügt an: «In der Arbeit mit unseren Partnerorganisationen sehen wir, dass sich lokale Gemeinschaften durch den Aufbau erneuerbarer Energiesysteme entwickeln können. Wir setzen uns dafür ein, dass dieser Entwicklungsmotor eine Chance für alle ist.» Umso wichtiger ist es, dass in Baku das Thema ernsthaft aufgegriffen wird, zum Beispiel über das so genannte Mitigations-Programm. Die Schweiz soll dabei weiterhin mit einer ambitionierten Position die Verhandlungen in Richtung 1.5 °C lenken.

Das Geld fliesst noch nicht

In Bezug auf das zu verhandelnde Klimafinanzierungsziel hat die Schweiz im Rahmen ihrer Verhandlungsposition viele Möglichkeiten, sich konstruktiv einzubringen. Welche Anpassungen der Schweizer Position dafür geprüft werden sollten, hat Alliance Sud als Empfehlungen beim Bundesamt für Umwelt eingereicht. Beispielsweise könnte die Schweiz sich stark machen für eine Definition von Qualitätsmerkmalen der Klimafinanzierung, die sie selbst bereits erfüllt, und so Forderungen aus dem Globalen Süden in den Verhandlungen unterstützen. Das würde vertrauensfördernd wirken. «Die Schweiz vergibt keine Kredite als Klimafinanzierung, sondern unterstützt Projekte im Globalen Süden mit À-fonds-perdu-Beiträgen. Das sollte sie als Standard für das neue Finanzierungsziel einfordern», schlägt Delia Berner vor und ergänzt: «Wenn die Schweiz will, dass ein neues Finanzierungsziel auch neue Geberländer in die Pflicht nimmt, dann muss sie das Vertrauen und die Zustimmung der ärmsten Länder gewinnen.»

Das neue kollektive Finanzierungsziel wird um ein Vielfaches höher ausfallen als das jetzige 100-Milliarden-Ziel. Die Schweiz braucht dafür zusätzliche Finanzierungsquellen nach dem Verursacherprinzip. Vertrauen zu Ländern des Globalen Südens aufbauen heisst auch, mit einem konkreten Angebot nach Baku zu reisen und bereits jetzt auf nationaler Ebene Möglichkeiten zur Aufstockung der Finanzierung zu erarbeiten. Der Bundesrat hat eine Auslegeordnung ausarbeiten lassen und wollte bis Ende 2023 das weitere Vorgehen entscheiden – seither geschah nichts. Hier gilt es, Klarheit zu schaffen.


Für weitere Informationen:
Fastenaktion, David Knecht, Klima- und Energieexperte,
076 436 59 86, knecht@fastenaktion.ch

Alliance Sud, Delia Berner, Klimaexpertin,
077 432 57 46, delia.berner@alliancesud.ch