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Meinung
Widersprüchliche Pläne für und mit Afrika
09.10.2017, Internationale Zusammenarbeit
Die internationale Zusammenarbeit steht immer mehr im Zeichen der Migrationsverhinderung. Auch die Finanzierung von Repressionsapparaten gehört neuerdings dazu. Der neue Aussenminister tut gut daran, diese Entwicklung zu hinterfragen.
von Mark Herkenrath, ehemaliger Geschäftsleiter Alliance Sud
Aussenminister Ignazio Cassis kennt das Thema Migration aus eigener Anschauung, er ist der erste Secondo in der Schweizer Regierung und Vertreter eines Grenzkantons. Neu wird er sich jetzt mit dem wenig durchdachten Parlamentsauftrag herumschlagen müssen, dass die internationale Zusammenarbeit strategisch mit der Migrationspolitik zu verknüpfen sei.
Auch in Deutschland und anderen europäischen Staaten wird die Entwicklungszusammenarbeit zusehends zur Migrationsbekämpfungspolitik umfunktioniert. Mit seinem « Marshall-Plan mit Afrika » will Deutschland auf dem afrikanischen Kontinent für einen massiven Entwicklungsschub sorgen. So weit, so gut. Pikanterweise hiess der Plan aber ursprünglich « Marshall-Plan für Afrika » und war unter Ausschluss der afrikanischen Regierungen und Parlamente entworfen worden. Viele Massnahmen – etwa die Förderung von Kleinbauernfamilien, Programme für gute Regierungsführung oder das Hinwirken auf bessere Umwelt- und Sozialgesetze – gehören längst zum Repertoire der Entwicklungszusammenarbeit, auch der schweizerischen. Gleichzeitig will Deutschland aber auch mehr private Investitionen nach Afrika fliessen lassen.
Der Investitionsförderung dienen letztlich auch die Freihandelsverträge, die seit einiger Zeit unter dem Titel « Europäische Partnerschaftsabkommen» mit afrikanischen Staaten verhandelt werden. Neu sollen afrikanische Länder ihre Binnenmärkte aber eine Zeit lang durch Schutzzölle vor der übermächtigen globalen Konkurrenz schützen dürfen. Der « Marshall-Plan mit Afrika » geht bis zu einem gewissen Grad also auch gegen Fluchtursachen made in Europe vor, wie unfaire Handelsbeziehungen und ungleiche Investitionschancen. Sinnvoll ist auch, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zukünftig Länder bevorzugen soll, die von sich aus den Rechtsstaat stärken und die Korruption bekämpfen.
Nur: Geht es um unmittelbare Migrationsverhinderung, sind die guten Ansätze gleich wieder Makulatur. So knüpfen im Rahmen des sogenannten Khartoum-Prozesses Deutschland und die EU ihre Zusammenarbeit an die Bereitschaft afrikanischer Regierungen, schärfere Grenzkontrollen einzuführen. Hier hofieren sie hochgradig autoritäre Regierungen und unterstützen diese beispielsweise beim Aufbau von Polizeitrainingszentren. Es werden also die Repressionsapparate just jener Diktaturen gestärkt, vor denen die Menschen fliehen.
Umso bedenklicher ist, dass die Schweiz inzwischen Vollmitglied dieses Khartoum-Prozesses ist. Sie zahlt in den Europäischen Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika ETF ein, der im Namen der gesamteuropäischen Migrationsaussenpolitik in Ländern wie dem Sudan oder Eritrea die Sicherheitskräfte und die dem Geheimdienst unterstellte Grenzkontrolle unterstützt. Sieht so also die vom Parlament geforderte Verknüpfung von internationaler Zusammenarbeit und migrationspolitischen Interessen in der Praxis aus ? Es bleibt zu hoffen, dass Bundesrat Cassis erkennt, wie inkohärent eine solche Afrikapolitik ist.