Meinung

Konstante Veränderung

24.06.2021, Internationale Zusammenarbeit

Der letzte «global»-Auftakt von Mark Herkenrath als Geschäftsleiter von Alliance Sud.

Konstante Veränderung

© Daniel Rihs / Alliance Sud

Die einzige Konstante im Leben, so lehrte Heraklit, ist die Veränderung. Trotzdem ist es schon fast 13 Jahre her, dass ich meine erste Stelle bei Alliance Sud antrat. Nun ist aus familiären Gründen die Zeit gekommen, um Abschied zu nehmen – ein guter Moment, um gleichzeitig zurück und vorwärts zu schauen.

Als ich 2008 bei Alliance Sud die Fachverantwortung für das Dossier «Steuerpolitik» übernahm, glaubte Finanzminister Hans-Rudolf Merz noch, das Schweizer Bankgeheimnis sei so unverrückbar wie das Gotthardmassiv. Steuerhinterzieher und korrupte Potentaten aus Entwicklungsländern, die ihre Vermögen in der Schweiz verstecken wollten, hatten freie Bahn. Dann kam die globale Finanz- und Wirtschaftskrise: Sie gab vielen der Millenniums-Entwicklungsziele, die bis 2015 hätten erfüllt sein sollen, den Dolchstoss; dafür brachte sie Bewegung in den Kampf gegen die Steuerflucht.

Plötzlich waren auch die mächtigen Industrieländer daran interessiert, gegen Steuersünder vorzugehen. Sie brauchten dringend mehr Staatseinnahmen, um ihre milliardenschweren Rettungspakete für die Banken zu finanzieren. Alliance Sud musste allerdings jahrelang weiterkämpfen, bis die Schweiz den automatischen Informationsaustausch in Steuerfragen endlich auch auf die Entwicklungsländer ausdehnte. Gegen die unseligen Anreize für multinationale Unternehmen, ihre Gewinne aus ärmeren Ländern weitgehend unversteuert in die Schweiz zu verschieben, kämpft sie immer noch.

Als ich 2015 die Nachfolge von Peter Niggli als Geschäftsleiter von Alliance Sud antreten durfte, lösten gerade die Ziele für nachhaltige Entwicklung die Millenniums-Entwicklungsziele ab. Die reichen Industrieländer haben sich mit der Agenda 2030 auf einen politischen Kurs verpflichtet, der sich nicht bloss an kurzfristigen nationalen Eigeninteressen ausrichtet, sondern dem langfristigen Wohlergehen der Menschen und des Planeten dient. Umso erstaunlicher ist, mit wieviel Leidenschaft sich heute gewisse BundesrätInnen und ParlamentarierInnen darüber ärgern, wenn sich die NGOs im Namen der Menschrechte und des Umweltschutzes in die Schweizer Politik einmischen.  

Alliance Sud eckte damals wie heute politisch an. Sie sollte sich auch von den jüngsten Retourkutschen gegen eine entwicklungspolitisch aktive Zivilgesellschaft nicht beeindrucken lassen. Eine sozial gerechte und ökologisch tragfähige Entwicklung der Welt braucht dringender denn je eine Schweiz, die jegliche Politik – von der Aussenpolitik über die Klimapolitik bis zur Wirtschaftspolitik – kohärent an diesem Ziel ausrichtet. Dafür werden sich das Team, die Trägerorganisationen und die Verbündeten von Alliance Sud, denen ich hier von ganzem Herzen für die wunderbare Zusammenarbeit danken möchte, auch in Zukunft stark machen – mit Herzblut, unermüdlichem Einsatz und der Kraft der richtigen Argumente.

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Die Alliance Sud-Zeitschrift zu Nord/Süd-Fragen analysiert und kommentiert die Schweizer Aussen- und Entwicklungspolitik. «global» erscheint viermal jährlich und kann kostenlos abonniert werden.