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Stiglitz und Piketty fordern neues Steuerregime

17.02.2018, Finanzen und Steuern

Prominente Ökonomen wie Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und Thomas Piketty fordern die Einführung der «Unitary Taxation» bei der Besteuerung von globalen Konzernen.

Dominik Gross
Dominik Gross

Experte für Steuer- und Finanzpolitik

Stiglitz und Piketty fordern neues Steuerregime

Die unabhängige Kommission für die Reform der internationalen Konzernbesteuerung (ICRICT), der unter anderen die prominenten Ökonomen Joseph Stiglitz, Gabriel Zucmann und Thomas Piketty - der Autor des Standardwerks «Das Kapital im 21. Jahrhundert» – angehören, fordert einen Paradigmenwechsel im globalen Unternehmensbesteuerungssystem. Die Kommission wird von zahlreichen NGOs, darunter auch Alliance Sud, getragen.  

Die heutige Unternehmensbesteuerung weist heute extreme Lücken auf, die von den multinationalen Konzernen für unhaltbare Steueroptimierungen ausgenützt werden. Die gegenwärtigen Systemgrundsätze des sogenannten «Separate Entity Principles» und des sogenannten Fremdvergleichsgrundsatzes («Arms length principle») sorgen dafür, dass die Konzerne jedes Jahr geschätzte Billionen Dollar an Gewinneinnahmen weltweit am Fiskus vorbeiorganisieren können. Weil die über den Globus verteilten Tochterfirmen der Konzerne als separate Steuereinheiten zählen, versteuern die Konzerne die Gewinne ihrer Tochterfirmen nicht dort, wo sie effektiv anfallen, sondern dort, wo sie dafür am wenigsten Steuern bezahlen. Sie tun das auf Grundlage des Fremdvergleichsgrundsatzes, der es zulässt, dass die Konzerne die Preise für konzerninternen Güterhandel und Dienstleistungen – also für Transaktionen zwischen Tochterfirmen ein und desselben Konzerns – oft willkürlich bestimmen können und nicht auf der Grundlage des effektiven Marktpreises von entsprechenden Gütern und Dienstleistungen. So setzen sie diese Preise viel zu hoch an und verschieben so Gewinne von einem Land ins andere.

Um diese Praxis zu unterbinden, die nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) alleine die Entwicklungsländer jedes Jahr 200 Milliarden Dollar kostet, schlägt ICRICT nun die Einführung einer Gesamtkonzernbesteuerung («Unitary Taxation») auf globaler Ebene vor. Nach diesem Prinzip würden Konzerne steuerrechtlich als Einheit verstanden und die Konzern-Gewinne je nach effektiver wirtschaftlicher Aktivität in einem Land auf die Tochterfirmen des Konzern verteilt und auf der Grundlage einer Formel entsprechend national versteuert («formulary apportionment»). ICRICT schlägt auch Möglichkeiten einer unilateralen Umsetzung der Unitary Taxation vor. Alliance Sud wird sich in Zukunft für entsprechende Massnahmen in der Schweiz einsetzen.

Link zur ICRICT-Studie