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Medienmitteilung
OECD-Mindeststeuer: Die Schweiz muss nachbessern
23.06.2022, Finanzen und Steuern
Der Bundesrat hat heute seinen Umsetzungsvorschlag der jüngsten OECD-Reform vorgestellt. Jenen Ländern, die von Schweizer Konzernen schon bisher um Steuereinnahmen geprellt wurden, hilft sie nicht.
Der Bundesrat hat heute seinen Umsetzungsvorschlag der jüngsten OECD-Reform vorgestellt. Jenen Ländern, die von Schweizer Konzernen schon bisher um Steuereinnahmen geprellt wurden, hilft sie nicht. Alliance Sud verlangt eine Rückverteilung der Zusatzeinnahmen in Länder mit niedrigen Einkommen, in denen Schweizer Konzerne produzieren. Das Schweizer Kompetenzzentrum für Internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik wird dabei von ATAF, dem Forum der afrikanischen Steuerbehörden, unterstützt.
Noch im Frühling 2021 versprachen viele Staaten, dass das internationale Konzernsteuersystem mit der Einführung einer Mindeststeuer fairer werde. Die Botschaft des Bundesrates zeigt nun aber: Die Schweizer Regierung will von diesem Ziel nichts wissen. Im Gegenteil: Was eigentlich die Besteuerung von multinationalen Konzernen in Staaten hätte verbessern sollen, die bisher von massiver Steuervermeidung dieser globalen Unternehmen betroffen waren, würde gemäss dem Vorschlag des Bundesrates nun zu Mehreinnahmen ausgerechnet in jenen Staaten führen, die diese Steuervermeidung bisher erst ermöglichten. Dazu gehört an vorderster Front auch die Schweiz.
Dominik Gross, Experte für Steuerpolitik bei Alliance Sud: «Die Mehreinnahmen aus der Mindeststeuer von 15% gehen nicht in jene Länder, die in den letzten Jahrzehnten wegen des sogenannten «Race to the bottom» Milliarden Steuereinnahmen verloren, sondern erneut in Steuerfluchthäfen wie die Schweiz.» Seit der Jahrtausendwende konkurrenzierte sie mit Irland, Luxemburg oder Holland mit immer tieferen Gewinnsteuersätzen um die Gunst multinationaler Konzerne. Diese versteuern ihre Gewinne dank zahlreichen Lücken im internationalen Steuersystem nicht dort, wo sie sie erwirtschaften, sondern dort, wo sie dafür mit den tiefsten Steuersätzen belegt werden.
Steuergerechtigkeit bleibt auf der Strecke
Im vergangenen Jahr lobbyierten diese Tiefsteuerländer in den OECD-Verhandlungen für technische Änderungen bei der Mindeststeuer – mit Erfolg zu ihren Gunsten: So sagte der Schweizer Finanzminister Ueli Maurer kürzlich in der NZZ: «Dass der Mindeststeuersatz bei der globalen Unternehmenssteuerreform heute bei 15 Prozent ist, und zwar ohne das Wort «mindestens», ist dem geschlossenen Auftreten der kleinen, innovativen und investitionsstarken Volkswirtschaften zu verdanken.» Mit anderen Worten: den Steuerfluchthäfen für Konzerne. Auf der Strecke bleiben erneut ökonomisch benachteiligte Abbauländer von Schweizer Rohstoffkonzernen in Afrika, Asien und Lateinamerika, wo die eigentliche Wertschöpfung stattfindet.
Wie das Parlament korrigieren muss
Dominik Gross: «Das Parlament muss nun korrigieren, damit die Mindeststeuer in der Schweiz doch noch einen Beitrag für mehr globale Steuergerechtigkeit und für eine nachhaltige Entwicklung der Welt leistet.» Alliance Sud schlägt drei Verbesserungen vor:
1) Der Bund muss einen Grossteil der Mehreinnahmen einziehen, nicht die Kantone.
2) Die Schweiz sollte bei Konzernen, die in Ländern produzieren, die gemäss Weltbank als arme Länder («lower middle income bzw. low income countries») gelten, auf die Anwendung der nationale Ergänzungssteuer («Top-Up Tax») verzichten, so dass diesen ermöglicht werden kann, die Konzerngewinne entsprechend selbst zu besteuern. Diese Forderung von Alliance Sud wird vom Forum der afrikanischen Steuerbehörden (ATAF) unterstützt. Anthony Munanda, Senior International Tax Advisor von ATAF sagt: «Es gibt einige Schweizer Konzerne, die in afrikanischen Ländern tätig sind und die in der Schweiz mit der Mindeststeuer belegt werden können. Wenn die Schweiz bei diesen Firmen auf die Anwendung der nationalen Ergänzungssteuer verzichtet, kann ein Teil des gesamten Steuersubstrats dieser Firmen in den betreffenden afrikanischen und anderen Entwicklungsländern versteuert werden (lesen Sie hier den gesamten Kommentar von ATAF zu unserem Vorschlag).
3) Mindestens ein Drittel der Mehreinnahmen des Bundes sollen als Ausgleich für den Schaden, den Schweizer Konzerne in ökonomisch benachteiligten Ländern im Globalen Süden anrichten, in die internationale Klimafinanzierung der UNO fliessen.
Mehr Informationen:
Dominik Gross, Experte Steuerpolitik Alliance Sud, dominik.gross@alliancesud.ch, +4178 838 40 79