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Die Alliance Sud-Zeitschrift zu Nord/Süd-Fragen analysiert und kommentiert die Schweizer Aussen- und Entwicklungspolitik. «global» erscheint viermal jährlich und kann kostenlos abonniert werden.
Artikel, Global
21.03.2022, Internationale Zusammenarbeit
Alliance Sud und ihre Mitglieder setzen sich seit langem für die Kommunikation in den verschiedenen Landessprachen ein – in der Schweiz wie auch im Ausland. Sie fördern so die Pluralität und den nationalen Zusammenhalt, schreibt Valeria Camia.
Die Mehrsprachigkeit ist eine Konstante der Schweiz. Auch in der Entwicklungspolitik setzt sich Alliance Sud seit mehreren Jahrzehnten dafür ein, ihr Informationsmaterial einer breiten und mehrsprachigen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In ihren Beziehungen zu den Ländern des Südens legen Alliance Sud und ihre Mitgliedsorganisationen grossen Wert darauf, alle Menschen in ihrer Muttersprache zu erreichen, denn es gilt zu vermeiden, ausschliesslich in Englisch oder Französisch zu kommunizieren; an diesen Sprachen haftet oft das Stigma der Kolonialisierung. Dennoch sind sie in vielen Situationen nach wie vor die wichtigsten Kommunikationsmittel, nicht nur im Austausch mit den Regierungen, sondern auch mit den Menschen vor Ort im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit. Es wird dabei ausgeblendet, dass Englisch und Französisch in der Regel von der lokalen Bevölkerung kaum gesprochen werden und dass ihre Verwendung, auch wenn sie in der internationalen humanitären Hilfe und in mehrsprachigen Regionen ihre Berechtigung haben, zu Kommunikationsschwierigkeiten mit der lokalen Bevölkerung führen und oft Übersetzungsdienste erfordern, die teuer sind und mitunter zu wünschen übrig lassen, wie kürzlich Mia Marzotto von der Organisation «Translators without Borders» in einem Artikel im Magazin «Eine Welt» betonte.
Wie die Mitgliedsorganisationen von Alliance Sud vorgehen, um Sprachbarrieren in ihren Projektländern abzubauen, zeigen die folgenden Beispiele. Das HEKS, das Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, setzt sich explizit dafür ein, Workshops in den lokalen Sprachen anzubieten: «Es ist von grundlegender Bedeutung, dass das HEKS die verschiedenen Begünstigten in einer für sie verständlichen Sprache und über ihre bevorzugten Kanäle erreicht.» Solidar Suisse setzt sich für eine Bildung der jungen Generationen ein, die auch die lokalen Sprachen einbezieht; zum Beispiel in Burkina Faso : In diesem Land, «wo 59 Sprachen gesprochen werden, müssen die Kinder in ihrer Muttersprache unterrichtet werden, damit sie dem Unterricht folgen können, zusätzlich zum Französischen, der Sprache der ehemaligen Kolonial-macht. Lange Zeit war dies nicht der Fall, doch in den letzten Jahren haben die Bildungsprogramme von Solidar Suisse Wirkung gezeigt. Der zweisprachige Unterricht wird nun in allen Primarschulen des Landes als Standard eingeführt.»
SWISSAID nennt es eine «wesentliche Voraussetzung für den reibungslosen Ablauf der Projektarbeit», dass es in den Partnerländern ein Büro gibt, das fast ausschliesslich aus lokalem Personal besteht, das die Projekte koordiniert und das Land, seine Sprachen, Dialekte und Kultur kennt. In Bezug auf die lokalen Sprachen erklärt Petra Winiger (Caritas), wie wichtig es ist, «immer einen respektvollen und kultursensiblen Umgang mit den Partnern zu pflegen. Hier machen wir keinen Unterschied zwischen dem Dialog mit den Behörden, den lokalen NGO-Partnern oder den Begünstigten im Gastland. Um Sprachbarrieren beim Austausch abzubauen, verlassen wir uns bei Bedarf auf die Übersetzung durch unsere lokalen Caritas-KollegInnen oder professionelle DolmetscherInnen. »
Zu all dem kommt noch das direkte Engagement von Alliance Sud im schweizerischen Kontext hinzu: In der Schweiz wirkungsvoll zu kommunizieren, ist das A und O. In unserem Land mit seinen vier Landessprachen stellt Alliance Sud sicher, dass ihre Stellungnahmen und Pressemitteilungen sowie ihre Publikationen auf Deutsch, Französisch und wenn möglich auf Italienisch verfügbar sind. Die Übersetzungsarbeit bedeutet für das Regionalbüro von Alliance Sud in Lugano einen beträchtlichen Aufwand. Darüber hinaus hat das Büro im Laufe der Jahre die Beziehungen und Kontakte zu anderen Organisationen in den verschiedenen Sprachregionen vertieft. Ein weiteres Beispiel aus jüngster Zeit: Im Rahmen der Konzernverantwortungsinitiative (2020) erstellte Alliance Sud ein spezifisches Glossar in drei Amtssprachen des Bun-des, das eine kohärente und treffsichere Kommunikation mit der gesamten schweizerischen Zivilgesellschaft ermöglichte.
Seit 1989 sind die Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit in der italienischsprachigen Presse durch die Veröffentlichung von exklusiven Schwerpunktartikeln zur Entwicklungspolitik in mehreren Tages- und Wochenzeitungen, meist im Kanton Tessin und Italienischbünden, aber auch in anderen italienischsprachigen Sprachkontexten in der Schweiz und in Italien, regelmässig präsent. Für die italienische Schweiz werden jedes Jahr rund 60 Artikel übersetzt und veröffentlicht.
Zahlreiche Informations- und Sensibilisierungskampagnen sind den Radio- und Fernsehauftritten der Büroleiterin von Alliance Sud in Lugano, Lavinia Sommaruga, und ihrem redaktionellen Engagement zu verdanken, das sich unter anderen in drei wichtigen Publikationen niederschlug: « Pour une économie d’équité dans la dignité » (2000), « OSER. Perspectives pour un changement de cap » (2001) und « Entrepreneurs du changement. Agenda 21 local : ne perdons pas d’occasions ! » (2003).
Alliance Sud Lugano teilte ihr entwicklungspolitisches Engagement und ihre Verantwortung mit anderen italienischsprachigen Verbänden wie ACSI, ACLI, InterAgire/COMUNDO, Magasins du monde und vielen anderen; dabei kam es zu eidgenössischen Abstimmungskampagnen, zu denen Alliance Sud Stellung nahm und in die das Büro in Lugano direkt involviert war. Erinnert sei hier unter anderem an die Abstimmungen Nein zu Ecopop 2011, Gentechfrei 2005, den Weckruf gegen Hunger und Armut 2016 und die Welternährungstage in Chiasso (2009) und Bellinzona (2008 und 2010). In den 2010er Jahren setzte sich Alliance Sud Lugano auch in einer Kommission des Bundesamtes für Raumentwicklung ARE für gute Beispiele im Bereich der nachhaltigen Entwicklung ein.
Das wichtigste Dossier, an dem die Koordinatorin für Entwicklungspolitik von Alliance Sud arbeitete, war der faire Handel und die Förderung der Max Havelaar-Stiftung. Während der Sondersession der Eidgenössischen Räte in Lugano im Jahr 2001 wurde für die Kampagne «Wasser als Gemeingut» geworben. Vor zwei Jahren beschloss der Vorstand von Alliance Sud aus finanziellen Gründen, das Büro in Lugano zu schliessen, wenn dessen Leiterin am 1. Mai 2022 in den Ruhestand geht.
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