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Meinung
Krisenhilfe zu Lasten der Ursachenbekämpfung
18.09.2015, Internationale Zusammenarbeit, Entwicklungsfinanzierung
Alliance Sud kritisiert den Entscheid des Bundesrats, wie die Nothilfe für Syrien und andere Krisenländer aufgestockt wird. So nötig das ist, so kurzfristig ist es, diese Mittel bei der langfristigen EZA einzusparen.
von Mark Herkenrath, ehemaliger Geschäftsleiter Alliance Sud
Der Bundesrat hat heute medienwirksam angekündigt, er wolle die Nothilfe für Syrien und andere Krisenländer aufstocken. Das ist dringend nötig. Alliance Sud kritisiert jedoch den Entscheid, einen grossen Teil dieser Mittel bei der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit einzusparen, als kurzsichtig.
Der heutige Entscheid war absehbar: Aussenminister Didier Burkhalter hatte in den Medien bereits mehrfach darauf hingewiesen, es brauche mehr Geld für die humanitäre Hilfe in Krisensituationen. Heute beschloss nun der Bundesrat, zusätzliche 70 Millionen Franken für Nothilfeeinsätze in Syrien und anderen krisengeplagten Ländern zu beantragen. Für Alliance Sud, die entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke, ist Nothilfe in Krisengebieten ausgesprochen wichtig. Sie begrüsst deshalb die heute angekündigte Aufstockung, kritisiert aber scharf, dass der Bundesrat die Nothilfe gegen die langfristige Entwicklungszusammenarbeit ausspielt.
Denn die Finanzierung soll zu einem beträchtlichen Teil auf Kosten des Budgets für die langfristige Zusammenarbeit gehen. 2015 sind zugunsten der heute beschlossenen zusätzlichen Krisenhilfe Einsparungen bei der Entwicklungszusammenarbeit von bis zu 20 Millionen vorgesehen. Weiter ist damit zu rechnen, dass im Jahr 2016 nochmals 20 Millionen von der Entwicklungszusammenarbeit abgezwackt werden. Dazu will sich das EDA vorderhand aber nicht äussern.
«Es ist zynisch und kurzsichtig, wenn der Bundesrat die Krisenhilfe aufstockt und gleichzeitig bei der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit spart», betont Mark Herkenrath, Geschäftsleiter von Alliance Sud. Noteinsätze können Leben retten und sind in der aktuellen Krisensituation unabdingbar, aber nur die langfristig angelegte Entwicklungszusammenarbeit kann die Ursachen von Armut und Not bekämpfen. Zusätzliche Nothilfe ist deshalb zusätzlich zur Entwicklungszusammenarbeit zu finanzieren. «Wenn der Bundesrat heute bei der Entwicklungszusammenarbeit sparen will, muss er morgen wieder mehr Geld für kurzfristige Kriseneinsätze ausgeben», warnt Herkenrath.
Trotzdem hat der Bundesrat bereits in den vergangenen Wochen massive Sparmassnahmen bei der Entwicklungszusammenarbeit angekündigt. Sein bisheriger Budgetentwurf für 2016 sieht bei der Entwicklungszusammenarbeit der Deza Kürzungen von rund 60 Millionen Franken vor. Bei der Ostzusammenarbeit sollen rund 8 Mio. Franken und bei der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit des Seco sogar rund 20 Mio. gespart werden. Die heute beschlossene Aufstockung der Krisenhilfe dürfte nochmals weitere Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit bedeuten.