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Kleine Schweiz ganz gross

08.10.2018, Internationale Zusammenarbeit,

Schweizer Konzerne sind wichtige Akteure auf den Weltmärkten. Nicht zuletzt auch in Entwicklungsländern, die unter schwacher Regierungsführung leiden. Vier Grafiken erläutern, warum die Schweiz besonders zu globaler Verantwortlichkeit aufgerufen ist.

Laurent Matile
Laurent Matile

Experte für Unternehmen und Entwicklung

Kleine Schweiz ganz gross

© pixabay

Verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht nur in der Konzernzentrale, sondern auch in Tochtergesellschaften und Niederlassungen praktiziert wird. Ein besonderes Augenmerk verdienen dabei die Geschäftsbeziehungen zu Dritten, ganz speziell wenn diese in Bereichen tätig sind, die mit besonderen (Menschenrechts-)Risiken verbunden sind.

1. Hauptsitz und Schaltzentrale in der Schweiz – zu Hause vor allem rund um den Globus: Grosse Schweizer Konzerne beschäftigen sehr viel mehr Personen im Ausland als in der Schweiz.

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Sources: Handelszeitung, June 21 and July 12, 2018; Annual reports 2017

Die meisten grossen multinationalen Konzerne beschäftigen vergleichsweise nur wenige Personen in der Schweiz. Bei den elf Konzernen mit den höchsten Beschäftigungszahlen macht deren Anteil meistens weniger als 5 % aus. Etwas höher ist er bei den Pharmamultis Novartis und Roche sowie insbesondere den beiden Grossbanken UBS und CS. «Als Standort einiger der wichtigsten multinationalen Unternehmen und Sportverbände der Welt sieht es die Schweiz als ihre Pflicht an, sich besonders für die Achtung der Menschenrechte durch die Privatwirtschaft einzusetzen.» (Botschaft des Bundesrates zur Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt», Seite 17)

 

2. Die Globalisierung der Schweizer Wirtschaft schreitet ungebremst voran. Konzerne schaffen mehr Arbeitsplätze im Ausland als in der Schweiz.

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Source: Swiss National Bank

Schweizer Konzerne wachsen beschäftigungsmässig stärker im Ausland als in der Schweiz. Seit 2004 haben sie im Inland 41’746 neue Arbeitsplätze geschaffen, im Ausland hat die Zahl ihrer Beschäftigten 16½ mal so stark zugenommen, nämlich um 690’965 Stellen. Bemerkenswert: Am meisten neue Arbeitsplätze gab es in Asien (ohne Japan), dort fiel die Expansion am grössten in China und Indien aus. In diesen beiden Schwellenländern befinden sich mit fast 186‘000 neuen Stellen über ein Viertel der insgesamt im Ausland neu geschaffenen Jobs. Das sind dreimal mehr als die neuen Stellen in Lateinamerika und Afrika zusammen.  

3. Schweizer Rohstoffunternehmen pflegen enge Geschäftsbeziehungen mit erdölexportierenden afrikanischen Staaten mit schwachen Regierungen und hoher Kapitalflucht. Es sind Länder, deren Ölreichtum die Bevölkerung arm macht. 

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Quellen: Fallstudie «Big Spenders», 2014 (1) Natural Resource Governance Institute. Der von diesem Institut erstellte Index misst die Qualität, mit der 81 ressourcenreiche Länder ihre Bodenschätze bewirtschaften. Im Index werden 81% der weltweiten Öl-, 82% der Gasvorkommen und eine bedeutender Teil der weltweiten Mineralienvorkommen erfasst. (2) Political Economy Research Institute Massachusetts

Die Schweizer Rohstoffhändler sind gross im Geschäft mit den staatlichen Erdölunternehmen afrikanischer Länder mit schwacher Regierungsführung (Governance) und hoher Kapitalflucht. Sie sind in mehreren Ländern die wichtigsten Abnehmer von Rohöl. Ihre Zahlungen machen beträchtliche Anteile der Einnahmen der meist despotisch regierten Länder aus. Da sie ihre Geschäftsbeziehungen nur sehr selektiv offenlegen, begünstigen sie die Korruption. Die Eliten schaffen grosse Reichtümer ausser Landes statt sie in die Entwicklung des Landes zu investieren.  

4. Die Schweiz ist weltweit führend im Handel mit Gold, ein Rohstoff der für Schmuggel und kriminelle Aktivitäten besonders anfällig ist. Sie ist für afrikanische Gold-Länder oft der wichtigste bis drittwichtigste Absatzmarkt. 

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Gold ist attraktiv für kriminelle Akteure, schreibt die OECD in der Studie «The Economy of Illicit Trade in West Africa». Die Schweiz gehört zu den wichtigsten Kunden von Gold aus westafrikanischen Ländern. Für Burkina Faso und Ghana ist sie der wichtigste Exportmarkt überhaupt, für Mauretanien der zweitwichtigste und für Mali der drittwichtigste. Auch für das ostafrikanische Gold-Land Tansania ist sie der drittwichtigste Absatzmarkt. Die OECD warnt: Auch wenn die Schweiz ihre Sorgfaltsstandards verbessert hat, könnten kriminelle Akteure weiterhin versuchen, über die Schweiz Gold in legale Kanäle zu schmuggeln. Als weltweit grösster Standort für die Raffinierung von Gold stellen sich besondere Sorgfalts- und Rechenschaftspflichten bezüglich der Herkunft des Goldes.   

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Die Alliance Sud-Zeitschrift zu Nord/Süd-Fragen analysiert und kommentiert die Schweizer Aussen- und Entwicklungspolitik. «global» erscheint viermal jährlich und kann kostenlos abonniert werden.