Medienmitteilung

Impact Investing zeigt wenig Wirkung in den ärmsten Ländern

10.12.2024, Entwicklungsfinanzierung

In Genf hat am Montag die Konferenz «Building Bridges» begonnen. Deren erklärtes Ziel ist es, «den Übergang zu einem globalen Wirtschaftsmodell zu beschleunigen, das sich an den Bedürfnissen der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) ausrichtet». Eine neue Analyse von Alliance Sud hebt den Nischencharakter von Impact Investing hervor und beklagt, dass nur wenig in die ärmsten Länder investiert wird.

Laurent Matile
Laurent Matile

Experte für Unternehmen und Entwicklung

+41 22 901 14 81 laurent.matile@alliancesud.ch
Impact Investing zeigt wenig Wirkung in den ärmsten Ländern

Die geografische Fokussierung von Impact Investing. Quelle: Tameo 2023.

Die Schweiz strebt eine führende Rolle im Bereich der nachhaltigen Finanzwirtschaft an. Im Zentrum des sogenannten nachhaltigen Finanzwesens steht das Impact Investing, das zwei Ziele verfolgt: finanzielle Renditen zu erzielen und gleichzeitig die grossen sozialen und ökologischen Herausforderungen anzugehen. Dieser Ansatz, der im internationalen Finanzsystem populär geworden ist, zielt darauf ab, privates Kapital zu mobilisieren, um die SDGs zu erreichen. Das zu deren Umsetzung erforderliche «Finanzierungsloch» ist jedoch abgrundtief: Laut der in Genf ansässigen UNO-Organisation für Handel und Entwicklung (UNCTAD) stehen die Entwicklungsländer einer jährlichen Finanzierungslücke von über 4 Billionen USD gegenüber.

In einer heute veröffentlichten Analyse untersuchte Alliance Sud den Beitrag von Impact Investing zur nachhaltigen Entwicklung. Trotz des Wachstums dieses Sektors wird deutlich, dass dieser Ansatz allein nicht in der Lage sein wird, die Finanzierungslücke zu schliessen und die systemischen und strukturellen Hindernisse für eine nachhaltige Entwicklung zu beseitigen. Die Priorität muss weiterhin auf der Mobilisierung von Steuermitteln in den ärmsten Ländern, der Bekämpfung illegaler Finanzströme und der Aufrechterhaltung einer substanziellen öffentlichen Entwicklungsfinanzierung für die ärmsten Länder liegen.

Darüber hinaus können wirkungsorientierte Investitionen nicht die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Umgestaltung der globalen Finanzmärkte ersetzen. Deren Ausrichtung an Nachhaltigkeits- und Klimazielen erfordert glaubwürdige Regulierungen, die Bepreisung von Kohlenstoff und die Offenlegung von klimabezogenen Finanzinformationen.

Regionale und sektorielle Fokussierung
Eine grosse Sorge, die Alliance Sud teilt, ist das Risiko des «Impact Washing», bei dem Investitionen als sozial oder ökologisch vorteilhaft dargestellt werden, ohne messbare Ergebnisse zu liefern. Verschärft wird dieses Risiko durch das Fehlen allgemein anerkannter Definitionen und Standards zur Messung der Auswirkungen von Investitionen und zur Gewährleistung einer glaubwürdigen Berichterstattung.

Die Analyse von Alliance Sud legt einen besonderen Fokus auf den Schweizer Markt für Impact Investing in Entwicklungsländern. Tatsächlich werden nur etwa 11 Milliarden USD in Unternehmen und Projekte in Entwicklungsländern investiert. Dies entspricht weniger als 0,6 Prozent des Gesamtvolumens der nachhaltigkeitsbezogenen Investitionen oder weniger als 0,12 Prozent des Gesamtvolumens der verwalteten Vermögen der Banken in der Schweiz im Jahr 2023 (rund 8'400 Milliarden Schweizer Franken).

Die Schweizer Impact-Investitionen bleiben zudem regional stark konzentriert. Fast die Hälfte wird in Lateinamerika und der Karibik sowie in Osteuropa und Zentralasien getätigt, was auf die relative politische und wirtschaftliche Stabilität und ein investitionsfreundliches Umfeld in diesen Regionen zurückzuführen ist. Hingegen entfallen trotz des grossen Finanzierungsbedarfs in benachteiligten Regionen nur etwa 15% der Gesamtinvestitionen auf Subsahara-Afrika, den Nahen Osten und Nordafrika (MENA).

Auch auf sektorieller Ebene ist eine Konzentration festzustellen, wobei die Mikrofinanzierung und die Finanzierung von KMU mit über 80% der Investitionen stark dominieren. Die Sektoren «Ernährung und Landwirtschaft» sowie «Klima und Biodiversität» profitieren weitaus weniger von Investitionen. Die «sozialen Sektoren», zu denen Wohnungsbau, Wasser und Gemeinschaften, Gesundheit und Bildung gehören, ziehen zusammen weniger als 2% des Kapitals an. Dies liegt vor allem daran, dass diese Sektoren in der Regel keine attraktiven finanziellen Renditen bieten und von den Regierungen oft als öffentliches Eigentum verwaltet werden.

«Der Schweizer Markt für Impact Investing konzentriert sich auf Regionen und Sektoren mit geringeren Risiken und höheren finanziellen Renditen. Darin widerspiegelt sich der Trend zu «sicheren» Investitionen, die nicht auf die dringendsten Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung reagieren», sagt Laurent Matile, Experte für Unternehmen und Entwicklung bei Alliance Sud, dem Schweizer Kompetenzzentrum für internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik.

Weitere Informationen:
Laurent Matile, Experte für Unternehmen und Entwicklung bei Alliance Sud, Tel. +41 22 901 14 81, laurent.matile@alliancesud.ch