Impact Investing

Wirkung auf die ärmsten Länder bleibt bescheiden

21.03.2025, Entwicklungsfinanzierung

Impact Investing wird von seinen Verfechtern als Königsweg zur Mitfinanzierung der nachhaltigen Entwicklungsziele und des Klimaschutzes angepriesen. In der jüngsten Studie von Alliance Sud werden die bislang noch sehr überschaubaren Auswirkungen dieser Strategie auf den Prüfstand gestellt.

Laurent Matile
Laurent Matile

Experte für Unternehmen und Entwicklung

Wirkung auf die ärmsten Länder bleibt bescheiden

Nur wenig Investitionen fliessen in die ärmsten Länder, sie gelten als zu risikoreich. Ein Bauer betreibt in Guerou, Mauretanien, die Bewässerung seiner Weiden mit Solarpanels. © Tim Dirven / Panos Pictures

 

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Schweiz im Bereich der nachhaltigen Finanzen eine führende Rolle anstrebt. Kernstück des sogenannt nachhaltigen Finanzwesens ist das Impact Investing, das «marktbasierte» Finanzrenditen bei gleichzeitiger Bewältigung globaler gesellschaftlicher und ökologischer Herausforderungen verspricht. Der Ansatz geht auf eine Veröffentlichung der Rockefeller-Stiftung im Jahr 2007 zurück und hat sowohl unter öffentlichen als auch privaten Finanzmarktakteuren an Popularität gewonnen. Ihr gemeinsames Ziel ist es, auf diesem Weg privates Kapital zu «mobilisieren», um die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) zu erreichen. Einige Anhänger des Ansatzes sehen darin sogar eine Möglichkeit, die Kürzungen in der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) auszugleichen. Die Finanzierungslücke, die es zur Erreichung dieser Ziele zu schliessen gilt, ist jedoch enorm. Laut der in Genf ansässigen UNO-Handels- und Entwicklungsorganisation (UNCTAD) sehen sich die Entwicklungsländer mit einem jährlichen Finanzierungsdefizit von über 4'000 Milliarden US-Dollar konfrontiert. Davon werden etwa 2’200 Milliarden US-Dollar allein zur Finanzierung der Energiewende benötigt.

Um die Dinge in die richtige Perspektive zu rücken: Die Schweizer Banken – führend in der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung – hielten per Ende 2023 rund 8’392 Milliarden Franken an in- und ausländischen Vermögen. Es drängt sich also die Frage auf, wie viel von diesem Vermögen wohl in den Entwicklungsländern zur Finanzierung der SDGs investiert wird.

Immer noch eine Nische

Tatsächlich kündigt der Bundesrat in seinem Bericht «Sustainable-Finance Schweiz» an, den Zugang zu Impact Investments für privates Kapital über private Stiftungen und die Verwaltung privater Grossvermögen (Family Offices) hinaus «in grossem Umfang» auszuweiten. So könnte privates Kapital den Weg zu Projekten finden, die einen «messbaren und glaubwürdigen Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen» leisten. Gleichzeitig sollen der Schweizer Vermögensverwaltungsbranche neue Ertragsmöglichkeiten eröffnet werden. Mit anderen Worten: Es geht darum, das Impact Investing aus seiner Nische herauszuholen und es für institutionelle Anleger, die eine marktgängige finanzielle Rendite anstreben bzw. sicherstellen müssen (dazu gehören auch Pensionskassen), zugänglich und attraktiv zu machen.

Parallel dazu sollen Mittel aus dem Budget für die internationale Zusammenarbeit (IZA) – das davon abgesehen im vergangenen Dezember vom Parlament bereits gekürzt wurde – dazu dienen, im Rahmen von Mischfinanzierungen (Blended Finance) die Anlagerisiken zu reduzieren. Diese Risikominimierung soll einen «Demonstrationseffekt» erzielen und die genannten institutionellen Anleger im grossen Stil anlocken.

Um die Erwartungen einem Plausibilitätscheck zu unterziehen, hat Alliance Sud in einer kürzlich veröffentlichten Studie den Schweizer Markt für Impact Investing beleuchtet. Dieser Markt besteht aus den in der Schweiz ansässigen Asset Managern, die entsprechendes Kapital in Entwicklungsländern einsetzen, und umfasst rund 18 Akteure mit einem verwalteten Kapital von fast 15 Milliarden USD. Etwa 11 Milliarden USD davon sind so genannte private Vermögenswerte, also Investitionen in Aktien und Anleihen, die von privaten Unternehmen im Globalen Süden ausgegeben werden. Der Rest entfällt auf börsenkotierte Unternehmen, bei denen öffentlich gehandelt werden kann.

Um diese Zahl in Relation zu setzen: Der Betrag entspricht weniger als 0,6% des gesamten «nachhaltigkeitsbezogenen Anlagevolumens» (gemäss den vom Verband Swiss Sustainable Finance angewandten Definitionen) oder 0,116% des Gesamtvolumens der verwalteten Vermögen (AuM) der Banken in der Schweiz per Ende 2023 (die oben erwähnten rund 8,4 Billionen Schweizer Franken).

Der Schweizer Markt für Impact Investing ist stark konzentriert, wobei die drei Hauptakteure – ResponsAbility, BlueOrchard und Symbiotics –, die sich inzwischen alle in ausländischem Besitz befinden, 80% des Marktes kontrollieren. Regional gesehen beschränken sich diese Investitionen vor allem auf Lateinamerika und die Karibik (24%) sowie auf Osteuropa und Zentralasien (20%), was auf die relative politische und wirtschaftliche Stabilität und ein günstiges Investitionsumfeld zurückzuführen ist. Im Gegensatz dazu entfallen auf Subsahara-Afrika nur 13% und auf den Nahen Osten und Nordafrika (MENA) gerade einmal 2% der Gesamtinvestitionen, was die weniger attraktiven Investitionsbedingungen und die als höher empfundenen Risiken in diesen Regionen widerspiegelt.

 

In der chilenischen Atacamawüste steht ein hoher Turm, darum herum sind quadratische Solarpanels kreisförmig angeordnet.

An risikoarmen, renditereichen Projekten wie am Solarkraftwerk Cerro Dominador im Schwellenland Chile sind unzählige europäische Banken beteiligt. © Fernando Moleres / Panos Pictures

 

Es profitieren nur wenige Länder….

Die Hälfte des Impact Investment konzentriert sich auf zehn Länder. Indien steht mit 15% des investierten Volumens an der Spitze, gefolgt von Kambodscha, Georgien, Ecuador und Vietnam. Insgesamt entfallen auf 35 Länder 85% der Investitionen (wobei nur Länder mit einem Engagement von mindestens 1% berücksichtigt wurden). Von diesen 35 Ländern sind ab 2025 nur noch 14 Schwerpunktländer der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz. Gemessen am Einkommen sind die Hälfte davon Länder mit höherem mittlerem Einkommen. Nur vier sind den am wenigsten entwickelten Ländern (LDCs gemäss UNO-Kategorisierung) zuzurechnen: Kambodscha (6%), Bangladesch (2%) – ein Land, aus dem sich die DEZA nach eigenen Angaben aufgrund von Budgetkürzungen ab 2025 zurückziehen wird –, Tansania (1%) und Myanmar (1%).

… und wenige Sektoren

Der Schweizer Markt für Impact Investing ist auch sektoral stark konzentriert. Mit etwa der Hälfte des gesamten verwalteten Vermögens dominiert der Mikrofinanzsektor. Auf die beiden Sektoren Mikrofinanz und KMU-Entwicklung entfallen über 80% der Investitionen, was auf ihre finanzielle Leistungsfähigkeit zurückzuführen ist. Die Sektoren Ernährung und Landwirtschaft sowie Klima und Biodiversität erhalten trotz ihres hohen Finanzbedarfs deutlich weniger Investitionen, nämlich 10% bzw. 4%. Die sozialen Sektoren, zu denen Wohnungsbau, Wasser, Gesundheit und Bildung gehören, ziehen zusammen weniger als 2% des Kapitals an. Dies liegt vor allem daran, dass diese Sektoren in der Regel keine attraktiven finanziellen Renditen bieten und häufig von den Regierungen als öffentliches Eigentum verwaltet werden.

Der Schweizer Markt für Impact Investing tendiert daher dazu, auf Regionen und Sektoren zu fokussieren, die geringere Risiken aufweisen und höhere finanzielle Renditen versprechen. Dies widerspiegelt einen breiteren Trend hin zu «sicheren» Investitionen, die nicht unbedingt auf die dringendsten Herausforderungen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung reagieren. In ihren Schlussfolgerungen hebt die Studie von Alliance Sud hervor, dass Impact Investing allein keinesfalls in der Lage ist, die Finanzierungslücke zur Erreichung der SDGs zu schliessen. Daher ist es entscheidend, der Mobilisierung inländischer Ressourcen, der Bekämpfung illegaler Finanzströme und der Aufrechterhaltung einer substanziellen öffentlichen Entwicklungshilfe für die ärmsten Länder Vorrang einzuräumen.

 

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Die Alliance Sud-Zeitschrift zu Nord/Süd-Fragen analysiert und kommentiert die Schweizer Aussen- und Entwicklungspolitik. «global» erscheint viermal jährlich und kann kostenlos abonniert werden.