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Credit Suisse vs. Globaler Süden
24.03.2023, Finanzen und Steuern
Was hat Pakistan mit einer Bank im Silicon Valley zu tun, die kurzfristige Kundengelder in langfristigen Papieren anlegt, deren Wert bei Zinserhöhungen sinkt? Was Bolivien damit, dass eine Schweizer Bank seit zehn Jahren Skandal an Skandal reiht?
Richtig, rein gar nichts. Darunter leiden tun sie trotzdem.
Jetzt wurde die Credit Suisse also in die Arme der UBS kollabiert und die US-europäische Bankenkrise legt eine Pause ein. Deren Folgen werden im Globalen Süden noch länger zu spüren sein. Dies weil nun Investor:innen im Norden Staatsanleihen von hochverschuldeten Ländern des Südens meiden. Wenn es irgendwo knirscht oder knallt im Gebälk der globalen Finanzmärkte, passiert immer das Gleiche: Investor:innen stellen erstaunt fest, dass es ja Risiken gibt. Sie verlangen von real oder befürchtet risikoreicheren Anlagen höhere Renditen oder sie treten gleich in einen Käuferstreik. «Risk appetite for distressed emerging-market credit has collapsed as the market looks at these guys as the weakest links and highly susceptible to a sudden stop», zitiert Bloomberg einen Trader in London. Dies kann Staatsbankrotte nach sich ziehen oder Länder müssen auf ihren Staatsanleihen höhere Renditen anbieten, um überhaupt noch Käufer:innen zu finden, sie bluten also in der Zukunft noch lange.
Banken wie die CS, die krisengeplagte Länder weiter Richtung Abgrund schieben, sind dabei notabene dieselben, die mit ihren Vermögensverwaltungen reichen Kund:innen aus Asien, Afrika und Lateinamerika massgeschneiderte Lösungen zur Steuerflucht anbieten. Die Ironie der Geschichte: Ausgerechnet dieses Private Banking gilt spätestens nach dem Zusammenbruch der CS wieder als zukünftiger Königsweg für den Schweizer Finanzplatz: Zurück zu den Leisten und raus aus dem Finanzcasino der Investmentbanker, lautet zumindest gegen aussen die aktuelle Devise der neuen Monster-UBS. Für Millionär:innen aus Ländern des Globalen Südens, die keinen automatischen Informationsaustausch (AIA) mit der Schweiz haben, bleibt der Paradeplatz ein besonderes Pflaster. Für sie gilt das gute alte Bankgeheimnis immer noch.
Wie ernst es der UBS mit dem Verlassen des Casinos und dem risikolosen Geschäft wirklich ist, muss sich auch erst noch zeigen. So berichtete die Financial Times, dass die UBS den von der CS bereits beschlossenen Verkauf ihrer Investmentbank «First Boston» wieder rückgängig machen wolle. Überhaupt ist Risiko immer eine Frage des Standpunktes. Das gemeinsam mit dem staatlichen «Banco do Brasil» betriebene Investmentbanking der UBS in Brasilien ist fett im Geschäft mit der Fleisch- und Agroindustrie drin. Für Landrechtsaktivist:innen, die Biodiversität oder Faultiere ist dieses Geschäft bestimmt nicht «risikolos».
Zurück zur Credit Suisse: Neben dem strukturellen Schaden für den Globalen Süden, den sie eben mitverursachte, hatte die Bank auch ganz direkt den Menschen in Mosambik das Leben und die Zukunft zerstört. Derjenige Credit-Suisse-Skandal mit der grössten Zahl von Opfern ist zugleich derjenige, über den aktuell am wenigsten berichtet wird. Logo, die 470 Millionen Dollar, die Credit Suisse in diesem Zusammenhang wegen Korruption in den USA zahlen musste, liegen ja nur auf Rang 7 der US-Bussenrangliste der Skandalbank. Und es ging ja nur um korrupte Kredite von 1 Milliarde Dollar – ein Zehntel der Geschäfte mit der kriminellen Investmentgesellschaft Greensill Capital. Und in Mosambik waren es ja nicht schwerreiche Hedge-Fonds-Kund:innen, die Geld verloren, sondern nur etwa eine Million Menschen, die in die absolute Armut fielen, weil die Credit Suisse das Land 2016 in den Staatsbankrott getrieben hatte .
Auch bei Direktschäden gibt es nach der Einverleibung leider keine Entwarnung. Die UBS wurde zwar dafür nicht bestraft, aber ihre Investmentbank in Australien hatte mit dubiosen bis kriminellen Geschäften in Papua Neuguinea dem bitterarmen Land einen Millionenschaden verpasst. Im Süden nichts Neues, steht für die Monsterbank zu befürchten.