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Credit Suisse-PUK
Eine PUK allein ist nicht genug
20.12.2024, Finanzen und Steuern
Die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) hat einen guten Bericht zum Ende der Credit Suisse vorgelegt. Doch dass dieser ein grundlegendes Umdenken in der Schweizer Finanzplatzpolitik auslösen wird, muss leider bezweifelt werden.
Es ist mittlerweile ein ungeschriebenes Gesetz in Bundesbern: Die brisantesten News werden gerne entweder direkt ins Sommerloch geworfen oder dann hinter dem Christbaum versteckt. So teilte der Bundesrat vor einem Jahr am Freitag vor den Weihnachtsferien mit, wie er die OECD-Mindeststeuer auf den 1. Januar 2024 genau einführen will. Dieses Jahr präsentierte er am letzten Arbeitstag vor den Sommerferien seinen schwer umstrittenen Vorschlag für das Sparbudget 2025. Heute Morgen schliesslich präsentierte die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zum Ende der Credit Suisse (die erste PUK seit 33 Jahren!) ihren Abschlussbericht und der Bundesrat ein paar Stunden später die Einigung mit der EU bei den Bilateralen III. Dazu kamen am vergangenen Mittwoch – zwei Tage vor Ende der Wintersession – noch die skandalösen finanzplatzpolitischen Entscheide von National- und Ständerat zum regulatorischen Umgang mit zwielichtigen Offshore-Anwälten (Lockerungen der Russland-Sanktionen) und Briefkastenfirmen (Register für wirtschaftlich Berechtigte von Firmen). Versuchen die massgebenden Terminplaner:innen im Bundeshaus vielleicht, politischen Zunder wenn immer möglich im Badiwasser oder im Festtagsalkohol aufzulösen? Beim Budget 2025 hat das sicher nicht funktioniert, bis vorgestern wurde im Parlament darüber heftig gestritten.
Das CS-Eigenkapital reichte nicht
Auch der PUK-Bericht zur Credit Suisse (CS) hat es in sich, und so dürfen wir zumindest hoffen, dass sich auch im neuen Jahr noch einige an ihn erinnern (in der Frühlingssession diskutieren ihn National- und Ständerat dann sowieso). Etwa zur Frage, inwiefern mangelndes Eigenkapital mit ein Grund für das Ende der CS war. Finanzministerin Karin Keller-Sutter hatte in den verrückten Begräbnistagen der CS im März 2023 stets betont, die Eigenkapitaldecke der Grossbank sei ausreichend gewesen. Nicht daran sei die Bank gescheitert, sondern an mangelnder Liquidität, womit sie auf das seit Oktober 2022 erodierende Kundenvertrauen und die damit einhergehenden massiven Kapitalabflüsse und einen Totalabsturz des Aktienkurses nicht mehr reagieren konnte. Die politischen Protektor:innen der Grossbanken (KKS inkl.) reduzierten das ganze Debakel somit auf den Tweet eines australischen Journalisten, der damals schrieb, eine global systemrelevante Bank stünde gerade am Abgrund. Die PUK bestätigt nun, was viele Kritiker:innen der aktuellen «Too-big-to-fail»-Regulierungen für Grossbanken (TBTF) schon lange sagen: Das zu niedrige Eigenkapital der CS spielte sehr wohl eine Rolle. Weil umso höher das Eigenkapital, desto weniger schnell ziehen Kunden und Anleger:innen ihr Geld aus einer Bank ab, wenn sie schlechte Schlagzeilen macht.
Nach der Finanzkrise von 2008/2009 und der staatlichen UBS-Rettung wurden die Eigenkapitalanforderungen der Grossbanken erhöht (wenn auch nicht genug hoch und nicht genug konsequent). Bis zu ihrem Ende schaffte es die CS allerdings sukzessive, ihr Eigenkapitalpolster wieder auf 5% und damit deutlich unter das regulatorische Minimum von 10% zu senken. Wie die PUK zeigt, half ihr dabei ab 2017 ein buchhalterischer Trick namens «Regulatorischer Filter». Dieser wurde ihr von der Finanzmarktaufsicht FINMA grosszügig und offenbar gegen den Widerstand der Nationalbank gewährt. Die PUK schreibt dazu auf Seite 7 ihres Berichts: «Der Filter erlaubte es der CS AG, den Anschein genügender Kapitalisierung bis zum Schluss aufrechtzuerhalten.»
Skandalimmunes Bundesbern
Dem wenigen Eigenkapital der CS stehen die zahlreichen Skandale gegenüber, die die Bank in den 2010er Jahren produzierte und die ihren stetigen Reputations- und Vertrauensverlust beförderten. Neben jenen Skandalen, die vor allem auf Kosten der CS-Aktionär:innen gingen (Greensill und Archegos 2021), erwähnt die PUK auch jenen in Mosambik: Dem dortigen Staat gab die CS einen Milliarden-Kredit, der vermeintlich in die Fischfanginfrastruktur hätte investiert werden sollen. Stattdessen wurde das Geld von einer korrupten Elite in die eigene Tasche gesteckt, die CS hatte ihre Aufsichtspflichten krass verletzt. Das Land meldete 2016 deswegen Staatsbankrott an, eine Million Menschen fielen in absolute Armut.
Auch erwähnt sind die «Suisse Secrets» (S. 530): In diesem Datenleak, das der Guardian im Februar 2022 publizierte, ist von 18'000 CS-Konten u. a. von Autokraten und Kriegsverbrechern die Rede. Auch dieser Skandal wirkte sicher nicht «vertrauensbildend»: Hier konnte die CS auf die gütige Mithilfe von Schweizer Offshore-Anwält:innen zählen, die immer dann ins Spiel kommen, wenn es um zwielichtige Geschäfte geht, die Banken nicht an ihren Sorgfaltspflichten vorbeischleusen können. Diese gelten nämlich für Anwält:innen von Kund:innen nicht, die diese bei ihren Anlagestrategien nur beraten. Womit wir wieder beim letzten Mittwoch wären: Im Rahmen der Beratung zum sogenannten «Gesetz über die Transparenz juristischer Personen» sorgte der Ständerat dafür, dass nicht mehr Licht in deren Dunkel kommt. Gleichentags lockerte der Nationalrat die Sanktionierung von Anwaltsgeschäften mit russischen Oligarchen und ihren Firmen. Dass ein Parlament, das nicht einmal in den dreckigsten Ecken des hiesigen Finanzplatzes putzt, im Frühling entschlossen die Lehren aus dem PUK-Bericht zieht und ergo die neue XXL-UBS so reguliert, dass die mannigfaltigen Risiken für die Schweizer Volkswirtschaft auf ein erträgliches Mass reduziert werden, muss leider bezweifelt werden – ein guter, dicker PUK-Bericht hin oder her.