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Medienmitteilung
Verpasste Chancen in Addis Abeba
16.08.2015, Entwicklungsfinanzierung
Die Addis Abeba Action Agenda ist unter Dach und Fach. Während die Diplomaten die Verhandlungen als Erfolg feiern, kritisiert die Zivilgesellschaft das Resultat als ungenügend.
von Eva Schmassmann, ehemalige Fachverantwortliche «Politik der Entwicklungszusammenarbeit»
Die internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba war geprägt vom Streit um unlautere Finanzflüsse und Steuerfragen. Die Entwicklungsländer forderten ein neues intergouvernementales Gremium, um bei der internationalen Zusammenarbeit gegen die Steuerflucht und die Steuervermeidungspraktiken multinationaler Konzerne endlich gleichberechtigte Mitsprache zu erhalten. Die Industrieländer blockierten dieses wichtige Anliegen jedoch erfolgreich. Das bereits bestehende Steuerkomitee der Uno wird zwar mit mehr Ressourcen ausgestattet, aber die wichtigen politischen Entscheidungen werden weiterhin in der OECD fallen – unter Ausschluss des globalen Südens.
Doch nicht nur in der Steuerfrage mussten die Entwicklungsländer klein beigeben. Die reichen Industrieländer sind auch nicht bereit, sich auf eine Frist für das vor Jahrzehnten gegebene Versprechens einzulassen, 0.7% ihres jeweiligen Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Zwar bestätigen sie im heutigen Schlussdokument der Konferenz das 0.7%-Ziel; ohne einen verbindlichen Zeitrahmen ist dieses Versprechen jedoch nur wenig wert.
Immerhin konnten die Entwicklungsländer in Addis Abeba durchsetzen, dass es im Uno-Rahmen weiterhin eigenständige Konferenzen zur Entwicklungsfinanzierung geben wird. Auch soll an diesen Konferenzen weiterhin über die grossen Fragen der Weltwirtschaft und die Mitsprache der Entwicklungsländer in der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds diskutiert werden. Dafür gelang es den reichen Industrieländern, weitere Diskussionen um ein geregeltes Verfahren zur Restrukturierung von Staatsschulden abzublocken. Die Entwicklungsländer werden also ähnlich wie Griechenland weiterhin neue Kredite aufnehmen müssen, um alte und oft illegitime Schulden abzustottern.
Für Alliance Sud sind an der Konferenz von Addis Abeba wesentliche Chancen verpasst worden, um eine nachhaltige Zukunft zu finanzieren. Die Ablehnung der Hauptforderungen der Entwicklungsländer wird an der Klimakonferenz vom Dezember in Paris den Druck erhöhen, weitere Mittel im Kampf gegen den Klimawandel zu generieren. Notabene sind die Entwicklungsländer speziell von den Folgen des Klimawandels betroffen. Ein weiteres Mal dürfen sich die Industrieländer also nicht vor der Verantwortung drücken, ihren Teil zu einer nachhaltigen und gerechten Entwicklung beizutragen.