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Die Alliance Sud-Zeitschrift zu Nord/Süd-Fragen analysiert und kommentiert die Schweizer Aussen- und Entwicklungspolitik. «global» erscheint viermal jährlich und kann kostenlos abonniert werden.
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08.12.2020, Agenda 2030
Fünf Jahre nach Verabschiedung der Agenda 2030 hat der Bundesrat endlich die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 (SNE) in die Vernehmlassung geschickt. Die Zivilgesellschaft hat nun bis im Februar Zeit, um die notwendigen Korrekturen vorzunehmen.
Vor fünf Jahren haben die UNO-Mitgliedstaaten in New York die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet. Als global gültigen Referenzrahmen präsentiert sie in 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz: SDG) eine Vision unserer Welt im Jahr 2030. Eine Welt in Frieden, ohne Armut, ohne Hunger, in der wir die Auswirkungen des Klimawandels im Griff haben und den Verlust der Biodiversität aufhalten konnten. Die Agenda 2030 wurde als Paradigmenwechsel gefeiert: Endlich wird «Unter-»Entwicklung nicht mehr ausschliesslich als Problem der Entwicklungsländer angesehen. Wenn es um nachhaltige Entwicklung geht, müssen auch die reichen Länder des globalen Nordens für Wirtschaft und Gesellschaft zukunftsfähige Lösungen finden.
Auch die Schweiz hat die Verabschiedung der Agenda 2030 gefeiert und sie als globalen Referenzrahmen für ihr Handeln im In- und Ausland anerkannt. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga würdigte sie in ihrer Rede in New York als «eine Agenda, die von den Menschen durch die Menschen für die Menschen gemacht worden ist». Und betonte, wie wichtig es sei, die Ziele auch umzusetzen. Seither sind fünf Jahre vergangen. Wo stehen wir heute?
Wenn wir uns die Situation in der Schweiz anschauen, profitieren wir von einem hohen Standard, sowohl bei der Infrastruktur als auch in der Bildung oder Gesundheitsversorgung. Die Coronakrise hat allerdings klar aufgezeigt, dass Armut und Hunger auch bei uns noch nicht besiegt sind. Durch die Krise droht die Ungleichheit in der Schweiz weiter zu steigen. Von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sind vor allem die Menschen mit tieferen Einkommen betroffen. Im Sinne von «Leave no one behind», dem Leitmotiv der Agenda 2030, müssen hier klar Prioritäten gesetzt werden.
Dramatisch wird es für die Schweiz, sobald wir über unsere Landesgrenze schauen. In den letzten Jahrzehnten haben wir ressourcenintensive Produktionsmethoden ins Ausland exportiert. Die Treibhausgase werden zum grössten Teil jenseits der Grenze ausgestossen, die negativen Auswirkungen der Produktion unserer Konsumgüter auf Umwelt und Biodiversität fallen in anderen Weltregionen an. Unter den unmenschlichen Arbeitsbedingungen – sei es bei der Erdbeerernte in Andalusien oder in den «Sweatshops» in Bangladesh – leiden Menschen weit weg.
Anfang November hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur Strategie Nachhaltige Entwicklung (SNE) 2030 eröffnet . Die Erwartungen an das Dokument sind hoch, wurde es doch bereits im März 2019 angekündigt. In der Einleitung bestätigt der Bundesrat die Notwendigkeit von umfassenden und systemischen Ansätzen und verspricht, die Leitlinien und Ziele einer nachhaltigen Entwicklung in sämtlichen Politikbereichen umzusetzen und dadurch die Politikkohärenz für nachhaltige Entwicklung zu stärken. Die SNE bekräftige sein Engagement für die Erreichung der Agenda 2030 und der darin enthaltenen 17 SDGs.
Die Ziele, die sich der Bundesrat in der SNE 2030 setzt, können mit den grossen Versprechungen nicht mithalten und bleiben weit hinter den in der Agenda 2030 formulierten Zielsetzungen zurück. Während beispielsweise das SDG 1 die Armut gemäss nationaler Armutsdefinition halbieren will, spricht der Bundesrat lediglich von einer Reduzierung der Armut in der Schweiz. SDG 12 setzt das Ziel, Subventionierung fossiler Brennstoffe allmählich abzuschaffen. Der Bundesrat zielt in einer komplizierten Formulierung lediglich «auf die Vermeidung negativer Umweltauswirkungen von bestehenden finanziellen Anreizen für die Verwendung fossiler Energieträger». Zu vier der 17 SDGs formuliert der Bundesrat gar keine eigenen Ziele (SDG 9: Industrie, Infrastruktur und Innovation; SDG 14: Leben unter Wasser; SDG 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen; SDG 17: Partnerschaften).
Insgesamt bleibt die SNE 2030 ein Katalog bestehender Zielsetzungen und Leitlinien. Bereits die letzte SNE 2016-2019 enttäuschte. Eine externe Evaluation beurteilte deren Wirkung als «bescheiden». Sie war primär ein Dokument, das bereits beschlossene Massnahmen der verschiedenen Departemente im Bereich nachhaltige Entwicklung zusammenfasste. In der Neuauflage bleibt sich der Bundesrat treu und missachtet damit die Resultate der Evaluation. Damit ist klar: Mit der Vernehmlassungsvorlage verpasst der Bundesrat die Chance, mit der SNE 2030 eine zukunftsgerichtete, ambitionierte Strategie zu formulieren, die tatsächlich als Grundlage der Umsetzung für die Agenda 2030 taugen könnte – eine Agenda «von den Menschen, durch die Menschen, für die Menschen», wie Bundespräsidentin Sommaruga in New York so schön sagte.
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