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Gletscher-Initiative: zahnloser Gegenvorschlag
23.12.2020, Klimagerechtigkeit
Die Bevölkerungen in den ohnehin schon klimaexponierten Entwicklungsländern kämpfen tagtäglich mit den zunehmenden Folgen der Klimakrise. Die wohlhabende Schweiz muss dringend ihrer Verantwortung als Mitverursacherin nachkommen.
von Jürg Staudenmann, ehemaliger Fachverantwortlicher «Klimapolitik»
Dazu gehört zum einen eine rasche und vollständige Absenkung aller Emissionen; zum anderen aber auch die Unterstützung der Meistbetroffenen im Kampf gegen die zunehmende Verschärfung der Klimakrise.
Eine der wirkungsvollsten und daher vordringlichsten Massnahmen zur Eindämmung der fortschreitenden Klimakrise ist die rasche, vollständige Dekarbonisierung der Schweizer Gesellschaft. Das Volksbegehren «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» rückt dies ins Zentrum. – Daher stellt sich Alliance Sud voll und ganz hinter die Volksinitiative.
Im (direkten) Gegenvorschlag schwächt der vom Bundesrat hingegen dieses Kernanliegen – mit teilweise nicht nachvollziehbaren Argumenten – deutlich ab. Das sendet falsche Signale und untergräbt die eigene (notabene nach der Initiativeinreichung beschlossene) Vorgabe des Bundesrates, bis 2050 netto Null Emissionen auszustossen. Die anvisierten Abschwächungen im Gegenvorschlag würden die notwendigen Massnahmen massiv verschleppen. Die Erreichung des Endziels – Klimaneutralität der Schweiz bis spätestens 2050 zu erreichen – stünde in Frage.
Alliance Sud fordert – angesichts der sich stark zugespitzten Klimakrise und der veränderten politischen Verhältnisse seit der Lancierung der Initiative – einen ambitionierteren Gegenvorschlag. Dieser sollte nebst griffigen Massnahmen zur Dekarbonisierung der Schweiz insbesondere auch dem zweiten, entwicklungspolitisch zentralen Aspekt des Pariser Klimaübereinkommens gerecht werden. Mit der Ratifizierung verpflichtete sich die Schweiz, zusammen mit allen hoch-industrialisierten Ländern, die Meistbetroffenen der (grösstenteils nicht selbst verschuldeten) Klimaveränderung im globalen Süden finanziell zu unterstützen.
Ein entsprechender Passus fehlt jedoch im Initiativetext als auch im Gegenvorschlag. Alliance Sud sieht daher zwei Möglichkeiten: Anstatt eines direkten würde ein indirekter Gegenvorschlag die Möglichkeit für wirkungsvollere und vor allem sehr schneller umsetzbare Schritte auf Gesetzesebene schaffen. Alliance Sud schliesst sich daher der Forderung der Klima-Allianz nach einem indirekten Gegenvorschlag an.
Sollte der Bundesrat keinen indirekten Gegenvorschlag in Erwägung ziehen, fordert Alliance Sud, den direkten Gegenvorschlag auf der Grundlage des Initiativtextes dahingegen anzupassen, dass der Kern des Anliegens ohne Abstriche beibehalten und – wie in unserer Stellungnahme erläutert – ergänzt wird.