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Eine gerechtere Finanzwelt nach Stiglitz/Pieth

21.11.2016, Finanzen und Steuern

Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und der Basler Strafrechtler Mark Pieth ziehen ihre Schlüsse aus den Panama Papers. Und bestätigen die Analyse von Alliance Sud bis ins Detail.

Dominik Gross
Dominik Gross

Experte für Steuer- und Finanzpolitik

Eine gerechtere Finanzwelt nach Stiglitz/Pieth

«Solange es in einer globalisierten Welt noch irgendwo einen geheimen Geldbeutel gibt, werden die Gelder durch diesen Geldbeutel fliessen.» Das schreiben der US-amerikanische Ökonom Joseph Stiglitz und der Schweizer Strafrechtler Mark Pieth in ihrem Bericht zur Offshore-Industrie mit dem Titel Overcoming the Shadow Economy (dt. „Die Schattenwirtschaft überwinden“), der Mitte November publiziert wurde. In ihrer Reaktion auf die Skandale der Panama Papers schlagen Stiglitz und Pieth ein umfassendes globales Informationssystem für eine transparente Finanzwirtschaft vor, das ausnahmslos alle Steueroasen weltweit austrocknen soll – und zwar für vermögende Einzelpersonen genauso wie für steuervermeidende Unternehmen.

Ihr Bericht ist ein konsequenter Sampler mit allen Hits der globalen Steuergerechtigkeits-Bewegung der letzten fünfzehn Jahre, der Steuerflucht, Geldwäscherei und Korruption weltweit unterbinden will. Soll die in den meisten Ländern der Welt grassierende und zwischen den Weltregionen anhaltende soziale Ungleichheit bekämpft werden, ist gemäss den renommierten Finanzexperten ein weltweit umfassender Informationsaustausch für Bankkundendaten unverzichtbar. Aber auch ein öffentliches Register der Besitzer von Briefkastenfirmen (engl. „Beneficial Ownership Registers“) oder ein öffentlich zugängliches Country-by-Country-Reporting für Konzerne, in denen Tarnfirmen ihre spezifischen Geschäftsaktivitäten in jenen Ländern ausweisen müssen, in denen sie aktiv sind, gehören zur Kur, die Stiglitz/Pieth dem globalen Finanzsystem verschreiben. Umfassende Transparenz soll der verheerenden weltweiten Steuervermeidung ein Ende bereiten.

Alleine die Steuervermeidung von Konzernen kostet die Entwicklungsländer gemäss dem Internationalen Währungsfonds (IWF) jährlich über 200 Milliarden Dollar an Steuereinnahmen. Darunter leiden vor allem die armen Bevölkerungsschichten: Sie sind auf öffentliche Dienstleistungen in der Bildung und der Gesundheit angewiesen, die der Staat auf Grund ausbleibender Steuereinnahmen oft nicht finanzieren kann. Zudem zwingen die Gewinnverschiebungen multinationaler Konzerne ihre Tochterfirmen in Entwicklungsländern zu Lohndumping, was auch auf Kosten der dortigen Lohnabhängigen geht. Die globale Schattenwirtschaft ist längst in transnationalen Netzwerken von Kunden, Finanzintermediären und Offshorefirmen wie Mossack Fonseca (berüchtigt aus den Panama Papers) organisiert. Sie schert sich längst nicht mehr um Landes- und Kontinentalgrenzen. Eine wirklich weltweit verbindliche Steuertransparenz ohne Ausnahmen ist deshalb umso wichtiger. Diese hätte nur im Rahmen einer UNO-Behörde für Steuerpolitik Chancen, global realisiert zu werden und so zu faireren Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Weltregionen beizutragen.

Alliance Sud begrüsst die Vorschläge der Professoren Stiglitz und Pieth und weist auf die spezielle Verantwortung der Schweiz im Hinblick auf deren Umsetzung hin: Gemäss Schätzungen des Washingtoner Think-Tanks Global Financial Integrity landen von den 1000 Milliarden US-Dollar, die jedes Jahr in die dunklen Taschen der Offshore-Industrie fliessen, trotz «Weissgeldstrategie» immer noch 30% in der Schweiz. Der hiesige Finanzplatz ist mit über 3000 Milliarden verwalteten ausländischen Vermögen zudem immer noch der grösste Offshore-Hafen der Welt und eines der bevorzugtestenn Tiefsteuergebiete für globale Konzerne weltweit. Will man also Licht ins Dunkel der Schattenwirtschaft bringen, muss man hierzulande anfangen.