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Die Alliance Sud-Zeitschrift zu Nord/Süd-Fragen analysiert und kommentiert die Schweizer Aussen- und Entwicklungspolitik. «global» erscheint viermal jährlich und kann kostenlos abonniert werden.
Bundesrat an der COP29
29.11.2024, Klimagerechtigkeit
Die UN-Klimakonferenz COP29 ist zu Ende, derweil zerstört die Klimakrise die Lebensgrundlage von Millionen Menschen. Während Delegierte aus dem Globalen Süden die ungenügende Klimafinanzierung kritisieren, schiebt Bundesrat Albert Rösti mit Verweis auf Budgetrestriktionen und die Mobilisierung privater Mittel die Verantwortung der Schweiz von sich. Dies sei ein Affront, schreibt Andreas Missbach.
Am 17. Juli 2024 steht Simon Stiell auf seiner Heimatinsel Carriacou in einem beschädigten Haus und sagt: «Ich stehe heute im Wohnzimmer meines Nachbarn. Das Haus meiner Grossmutter die Strasse weiter unten wurde völlig zerstört.» Das war das Werk des Hurrikans Beryl, der über Grenada und viele weitere Länder zog. Er fährt fort: «Wenn man hier steht, ist es unmöglich, nicht zu erkennen, wie wichtig die Klimafinanzierung und der finanzielle Ausgleich für Verluste und Schäden sind: Wir müssen massiv in den Aufbau von Resilienz investieren, vor allem für die am meisten gefährdeten Menschen.»
Simon Stiell ist Generalsekretär der Klimarahmenkonvention der UNO und als solcher verantwortlich für die 29. Vertragsstaatenkonferenz dieser Konvention in Baku. Am 22. November 2024 steht dort Albert Rösti vor einer Fernsehkamera und sagt: «Wir haben Budgetrestriktionen, wir haben ein Sparprogramm …». Was in Bern falsch ist, ist in Baku ein Affront. Ein Affront gegenüber Menschen in Ländern wie Grenada, und es ist ein Affront gegenüber den Delegierten aus dem Globalen Süden. Nach einer aktuellen Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung werden diese Länder als Folge der bereits von den Industrieländern verursachten Emissionen im Jahr 2049 eine 20 bis 30 Prozent geringere Wirtschaftsleistung haben als ohne Klimawandel.
Die offizielle Schweiz hingegen hat trotz rekordtiefer Schuldenquote «Budgetrestriktionen». Sie gehörte laut dem britischen «Guardian» zusammen mit Japan und Neuseeland in der zweitletzten Verhandlungsnacht zu den Ländern, die sich gegen die Erhöhung von sehr mickrigen 250 Milliarden auf mickrige 300 Milliarden Dollar Klimafinanzierung bis 2035 wehrten.
Delegierte aus dem Globalen Süden protestierten auch dann noch, nachdem dieser Entscheid durchgehämmert worden war. Im wörtlichen Sinne, denn der kleine Holzhammer des Vorsitzenden entscheidet mit den Worten «It’s so decided», wann «Konsens» herrscht. Chandni Raina, eine indische Delegierte, bezeichnete die 300-Milliarden-Dollar-Zusage als «inszeniert» und nannte die Schlusserklärung der Konferenz «kaum mehr als eine optische Täuschung». Nikura Maduekwe aus Nigeria doppelte nach: «Das ist ein Witz.»
Ein ganz schlechter Witz war auch, was Bundesrat Rösti vor der Fernsehkamera auch noch sagte: «Wir können das realisieren, indem beispielsweise auch Private beitragen.» Selbst Larry Summers, als früherer Weltbank-Chefökonom, Wirtschaftsberater der US-Regierung und Vize-Finanzminister gewissermassen die Verkörperung des «Washington Consensus», nennt die «Mobilisierung privater Ressourcen» inzwischen ein «Geschwätz» von Leuten, die ohne Geld «sehr staatsmännisch erscheinen wollen oder auf sehr substantielle Subventionen aus sind».
Und Simon Stiell, der musste natürlich als oberster UNO-Verantwortlicher am 25. November 2024 den Entscheid der COP29 schönreden, aber er legte nach: «Es ist keine Zeit für Siegesreden.»
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