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Eine globale Krise braucht globale Solidarität

14.04.2020, Internationale Zusammenarbeit

Die Coronakrise macht uns schlagartig bewusst, wie verletzlich unsere globalisierte Welt ist. Für einmal sitzen wir alle weltweit sprichwörtlich im selben Boot. Zwar betrifft die Krise alle, doch sie trifft nicht alle gleich.

Kristina Lanz
Kristina Lanz

Expertin für internationale Zusammenarbeit

Eine globale Krise braucht globale Solidarität

Ein Bub aus dem ruandischen Städtchen Sholi hat sich eine Maske gebastelt, um sich gegen das Coronavirus zu schützen.
© Wikimedia Commons / study in Rwanda

Während die westlichen Länder, allen voran die wohlhabende Schweiz, alles daran setzen, ihre Gesundheitsversorgung aufrecht zu erhalten und auszubauen, massive Hilfspakete schnüren, um den Schaden für ihre Wirtschaft bzw. den Arbeitsmarkt in Grenzen zu halten, werden auch hier Machtgefälle sichtbar. Die Austeritätspolitik der letzten Jahre hat in vielen europäischen Ländern dazu geführt, dass deren Gesundheitssysteme nicht mehr in der Lage sind, sich um alle Bedürftigen zu kümmern. Wer Geld hat, kann sich die Pflege in einem Privatspital leisten, wer arm ist, stirbt möglicherweise im überfüllten Wartezimmer einer überlasteten Klinik. In der Schweiz sind wir glücklicherweise weit entfernt von solch apokalyptischen Zuständen, aber auch bei uns stellt sich die Frage: Wer profitiert kurz-, mittel- und langfristig gesehen von den Milliarden, die der Bundesrat per Notrecht zur Verfügung stellt?

Befürchtete Auswirkungen auf die ärmsten Länder

Noch einmal anders sieht die Sache in Entwicklungsländern aus und verschiedene Stimmen warnen vor einer eigentlichen public health-Katastrophe, sobald sich das Coronavirus auch in den ärmsten Ländern auszubreiten beginnt. Bis jetzt hat sich das Virus dort noch weniger rasant verbreitet als in Europa und den USA, dennoch haben viele Regierungen drastische Massnahmen ergriffen, um die weitere Ausbreitung einzudämmen. Kenia, Südafrika, Nigeria und Indien sind nur einige der Länder, die in den letzten Wochen einen umfassenden oder partiellen Lockdown angeordnet bzw. ihre BürgerInnen dazu aufgefordert haben, ganz oder zeitweise zu Hause zu bleiben. Während die Wohlhabenden Hamsterkäufe tätigen und sich dann in ihre gated communities zurückziehen, ist dies für die ärmere Bevölkerung, die ohnehin in sehr viel beengteren Verhältnissen lebt, schlicht unmöglich. 61% der Weltbevölkerung arbeiten im informellen Sektor – in Subsahara-Afrika sind es gar 85.8%. Diese Kleinbäuerinnen, Strassenhändler, Hausangestellten leben oft von der Hand in den Mund, und einige Tage ohne Einkommen können dazu führen, dass das Essen auf dem Tisch fehlt oder kein Geld mehr da ist, um lebensnotwendige Medikamente zu kaufen. Auch wenn der Staat – wie in Europa – Hilfspakete für die Wirtschaft schnüren würde, beträfen diese nur jene Minderheit der Bevölkerung, die über eine formelle Anstellung verfügt. Die grosse Mehrheit der informell Beschäftigten hat keinerlei soziale Absicherung. Auch wenn die familiäre und nachbarschaftliche Solidarität gross ist, sie droht schnell zu erschöpfen, wenn ansteckende Krankheiten um sich greifen oder die Vorräte zur Neige gehen.

Untaugliche Rezepte zur Eindämmung

Auch die angeordneten Hygienemassnahmen und das social distancing sind in ärmeren Kontexten, wo oft mehrere Generationen auf kleinstem Raum zusammen wohnen und viele Menschen keinen Zugang zu einer eigenen Toilette oder zu fliessendem Wasser haben, kaum umsetzbar. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatten 2019 etwa 2.2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser, 4.2 Milliarden hatten keinen Zugang zu geeigneten Toiletten und 3 Milliarden hatten keine adäquaten Möglichkeiten zum Händewaschen. Die fortschreitende Klimaveränderung verschärft die Hygienesituation gerade für die Ärmsten noch zusätzlich – durch zunehmende Wasserknappheit oder Sturmfluten und Hurrikane, die bereits in der Vergangenheit oft mit Epidemien Hand in Hand gingen. Wer einmal in einem afrikanischen Slum, einem Flüchtlingslager, auf einem Markt – wo die meisten ärmeren Menschen ihre Nahrungsmittel einkaufen, da die Preise in den Supermärkten für sie unerschwinglich sind – war oder in einem öffentlichen Kleinbus mitfuhr, weiss, wie beengt die Verhältnisse sind und wie unmöglich social distancing in diesen Kontexten ist. Werden nun Märkte geschlossen und Menschen – teils unter Einsatz massiver Polizeigewalt – gezwungen, zu Hause zu bleiben, kann dies für grosse Teile der Bevölkerung katastrophale Folgen haben. Kein Wunder also, wenn einige Beobachter davon ausgehen, dass die Eindämmung von Corona mindestens so schlimme Konsequenzen bergen könnte wie die Ansteckung mit dem Virus.

Sollte sich das Coronavirus in den ärmsten Ländern weiter ausbreiten, werden die Gesundheitssysteme nicht in der Lage sein, diese Krise zu bewältigen. Laut Schätzungen der ILO haben etwa 40% der Weltbevölkerung weder eine Krankenversicherung noch Zugang zu öffentlichen Gesundheitsdienstleistungen, und laut WHO geraten jährlich 100 Millionen Menschen aufgrund von Krankheitskosten neu in Armut. Das heisst, viele Menschen werden es sich nicht leisten können, eine Covid19-Infektion im Spital behandeln zu lassen, andere werden als Konsequenz der Behandlung verarmen. Die meisten aber werden gar keinen Zugang zu öffentlicher Gesundheitsversorgung haben, da vor allem in ländlichen Gebieten oft keine angemessenen Gesundheitseinrichtungen vorhanden sind, ganz zu schweigen von der Situation in Slums und Flüchtlingslagern. Die zu wenigen öffentlichen Spitäler werden in vielen Ländern sehr schnell an ihre Grenzen stossen, vor allem auch was die intensivmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten angeht – Uganda beispielsweise verfügt gerade einmal über 55 Intensivbetten bei einer Bevölkerung von 42 Millionen Menschen. Wie in Europa und anderswo werden die Reichen auch in Afrika, Asien und Lateinamerika Wege finden, sich in gut ausgerüsteten Privatspitälern, vielleicht auch im Nachbarland, behandeln zu lassen; doch der Grossteil der Bevölkerung wird sich diesen Luxus nicht leisten können.

Aber nicht nur das Machtgefälle zwischen Arm und Reich wird in der Krise sichtbar, sondern auch jenes zwischen Frauen und Männern. Im Süden wie im Norden sind es vor allem Frauen, die einen Grossteil der bezahlten und unbezahlten Pflegearbeit leisten, an vorderster Front gegen das Virus kämpfen, enormen Belastungen und einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind. In vielen südlichen Ländern sind zudem Frauen auch überproportional von den ökonomischen Folgen der Pandemie und der politischen Gegenmassnahmen betroffen, da gerade der weit verbreitete landwirtschaftliche Kleinhandel meist in Frauenhand ist und Frauen in vielen Ländern für die Ernährung der Familie zuständig sind.

Fachleute schlagen Alarm

Auch falls sich die Hoffnung erfüllt und sich das Coronavirus in den ärmsten Ländern nicht im selben Mass ausbreiten sollte wie in Industrie- und Schwellenländern, werden die weltwirtschaftlichen Folgen der Pandemie gerade für die Ärmsten verheerende Folgen haben. Der IWF, die Weltbank und zahlreiche namhafte WirtschaftsexpertInnen warnen, dass die Pandemie eine weltwirtschaftliche Rezession mit sich bringt, welche die globale Wirtschaftskrise im Nachgang der Finanzkrise von 2008 in den Schatten stellen wird. Laut der Welthandels- und Entwicklungskonferenz (UNCTAD) war allein der Kapitalabfluss aus Entwicklungsländern zwischen Februar und März dieses Jahres doppelt so hoch wie nach dem Lehmann Brothers-Kollaps 2008. Auch der globale Handel ist innert kürzester Zeit mehr oder weniger eingebrochen – allein in Kambodscha sind durch die Schliessung von 91 Kleiderfabriken auf einen Schlag 65’000 ArbeiterInnen arbeitslos geworden. Die Weltbank geht davon aus, dass aufgrund der Finanzkrise von 2008 fünfzig Millionen Menschen mehr in der absoluten Armut verharren mussten, als dies unter normalen Umständen der Fall gewesen wäre. Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der aktuellen Coronakrise könnten noch weit über die damaligen Verheerungen hinausgehen.

In den ärmeren Entwicklungsländern sind jetzt dringend Investitionen in die Gesundheitsversorgung, in die Bildung und die soziale Absicherung der Ärmsten nötig, um die Resilienz gegenüber künftigen Krisen zu stärken. Die teilweise massiv verschuldeten Länder, die sich nun gleichzeitig mit den Folgen einer wirtschaftlichen Rezession, einem teils massiven Rückgang der Rohstoffpreise, einer Abwertung ihrer Währungen sowie einer verheerenden Kapitalflucht auseinandersetzen müssen, sind hierzu schlichtweg nicht in der Lage. Die UNCTAD schätzt, dass den Entwicklungsländern aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise in den nächsten Jahren 2 bis 3 Billionen US-Dollar fehlen werden. Eine Gruppe von zwanzig namhaften ÖkonomInnen und GesundheitsexpertInnen, unter ihnen der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und verschiedene WeltbankökonomInnen, verlangen in einem offen Brief an die G20 denn auch die Bereitstellung mehrerer Billionen US-Dollar, um die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise in Entwicklungsländern aufzufangen. Sie warnen davor, dass ansonsten die Folgen dieser Krise in Form zukünftiger globaler Gesundheitskrisen und Massenmigration auch den Westen empfindlich treffen werden. Es wird aber essentiell sein, wo, wie und unter welchen Bedingungen Nothilfe geleistet und eingesetzt wird, um unerwünschte Nebeneffekte durch unbedachte Rettungsaktionen (bailout) zu vermeiden. Die Weltbank und der IWF haben schon gehandelt und grosse Überbrückungskredite für Entwicklungsländer angekündigt. Der IWF wird 50 Milliarden US-Dollar über seine schnell auszahlbaren Notfallfinanzierungsfazilitäten (rapid-disbursing emergency financing facility) zur Verfügung zu stellen, 10 Milliarden davon in Form von zinsfreien Krediten an die ärmsten Länder. Die Weltbank ihrerseits hat ein 14 Milliarden grosses Covid19-Hilfspaket angekündigt. Gleichzeitig haben sich der IWF und die Weltbank auch für ein Schuldenmoratorium für die ärmsten Länder ausgesprochen. Was eine kurzfristige Erleichterung bezwecken kann, birgt mittel- bis langfristig allerdings Risiken. So werden die Entwicklungsländer langfristig ihre Schulden dennoch begleichen müssen und verschulden sich nun im Kontext der Krise zusätzlich. Auch waren es just die Kredite des IWF und der Weltbank und die daran geknüpften Bedingungen wie etwa die Kürzung von Sozialausgaben und die Privatisierung von Staatsbetrieben, die dazu geführt haben, dass die Gesundheitssysteme in vielen Ländern unterfinanziert und unvorbereitet sind und soziale Absicherungssysteme für die Bevölkerungsmehrheit fehlen.

Die raison d’être der Weltbank und des IWF sind die Förderung einer globalisierten Weltwirtschaft und das Ankurbeln des Welthandels mit dem Ziel, das globale Wirtschaftswachstum anzuregen. So kündigte der Weltbank-Präsident Malpass umgehend an, dass die Überbrückungskredite an strukturelle Reformen geknüpft sein werden, um unnötige Regulierungen abzuschaffen und Märkte anzukurbeln. Auch der IWF liess verlauten, dass es momentan zwar durchaus wichtig sei, in eine starke Gesundheitsversorgung und soziale Absicherung zu investieren, dass die Empfängerländer aber längerfristig ihr Haushaltsbudget wieder konsolidieren und so zur Austeritätspolitik mit ihren Kürzungen bei den Sozialausgaben zurückkehren müssen. Umso wichtiger ist es jetzt sicherzustellen, dass die gesprochenen Gelder die Ärmsten tatsächlich erreichen und nicht langfristig den Nährboden für weitere wirtschaftliche, finanzielle, ökologische Krisen bereiten.

Die Krise als Chance?

Cette épidémie montre les limites du système qu'a créé notre génération. Un système qui n'a pensé qu'à l'économique et à la course au profit rapide, au détriment du social et de l'attention aux autres. Un système qui a complètement perdu de vue certaines valeurs comme la solidarité et n'a eu de cesse de penser « global » pour chercher au bout du monde la main-d'oeuvre la moins chère possible en dédaignant l'investissement social.  (Denis Mukwege, Arzt und Friedensnobelpreisträger 2018 [1])

Die Coronakrise hat unser aller Leben innert kürzester Zeit grundlegend verändert. Sie hat gezeigt, dass unser Lebensstil nicht unantastbar ist. Politisch dringende Entscheide, welche in normalen Zeiten undenkbar wären, wurden als Notstandsmassnahmen schnell und unbürokratisch getroffen. Die Frage steht im Raum, ob wir nach der Krise die Welt wieder so aufbauen können und wollen, wie sie vor der Krise war und uns so gleichzeitig anfällig machen für weitere Krisen; oder ob wir diese Krise als Chance verstehen. Als Chance, die globale Solidarität zu stärken und uns so für künftige Krisen – inklusive der noch viel bedrohlicheren, bereits existierenden globalen Klimakrise – zu wappnen.

Wir können und sollten jetzt entscheiden, ob wir die national und international gesprochenen Gelder für die Erhaltung unsozialer Lieferketten oder die Stärkung der maroden Fossilindustrie einsetzen oder ob wir sie im Sinne von building back better an soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien knüpfen. Auch an uns in der Schweiz liegt es zu entscheiden, ob wir die enorme Schere der globalen Ungleichheit – momentan besitzen die 2253 Milliardäre der Welt mehr Vermögen als 60% der gesamten Weltbevölkerung – weiter öffnen oder ob wir die Gelegenheit wahrnehmen, sie langsam zu schliessen. Konsequente Klimaverträglichkeit beim Einsatz der Mittel, aber auch eine Finanztransaktionssteuer, eine Besteuerung der digitalen Wirtschaft, sozial verträgliche Lenkungsabgaben oder gar eine einmalige Coronasteuer sind nur einige der Möglichkeiten, die aktuell diskutiert werden, um Gelder für die Ärmsten und Verletzlichsten zu generieren, ohne dabei den Mittelstand weiter zu belasten. Es liegt an uns zu entscheiden, ob unsere Solidarität an der Landesgrenze endet oder ob wir zur Einsicht kommen, dass wir auch langfristig alle im gleichen Boot sitzen und als globale Gemeinschaft nur so stark sein werden wie die Schwächsten unter uns.

Das fordert Alliance Sud

  1. Die von der Weltbank und dem IWF versprochenen Gelder zur Bewältigung der Coronakrise in den ärmsten Ländern reichen bei weitem nicht aus, um die langfristigen wirtschaftlichen und sozialen Folgen dieser Krise abzufedern. Alle Länder sind aufgefordert, ihre Entwicklungsausgaben (aide publique au développement, APD) auf den international festgesetzten Zielwert von 0.7% des Bruttonationaleinkommens (BNE) zu erhöhen. Auch die Schweiz soll dieser Forderung endlich nachkommen und die Rahmenkredite für die internationale Zusammenarbeit so erhöhen, dass eine APD-Quote von 0.7%, mindestens aber wieder eine – wie vom Parlament schon seit langem verlangte – APD-Quote von 0.5% erreicht wird. Im Sinne der Agenda 2030 muss die internationale Zusammenarbeit (IZA) des Bundes einen starken Fokus auf die ärmsten Bevölkerungsschichten aufweisen («Leave no one behind») und in öffentlich zugängliche Bildungs- und Gesundheitssysteme, in die Stärkung der Zivilgesellschaft und speziell der Frauen, in die Stärkung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft sowie in menschenwürdige Arbeitsmöglichkeiten und soziale Absicherung investieren.
  2. Nach dem Prinzip build back better soll die Schweiz sich dafür einsetzen, dass alle national und international gesprochenen Hilfsgelder zur Bewältigung der Coronakrise umwelt- und sozialverträglich eingesetzt werden und so gleichzeitig dazu beitragen, die soziale Ungleichheit zu reduzieren und dem voranschreitenden Klimawandel entgegenzuwirken.
  3. Entwicklungsländer brauchen im Kampf gegen die voraussichtlich äusserst gravierenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise dringend und möglichst unkompliziert zusätzliche eigene Steuereinnahmen. Die Schweiz muss deshalb unverzüglich steuerpolitische Schritte einleiten, welche die Transparenz der Schweizer Finanz- und Konzernzentren erhöhen. Ein beschleunigter und umfassender Austausch von Steuerdaten von hier ansässigen multinationalen Konzernen und von Offshore-Vermögen, die in der Schweiz verwaltet werden, muss es Steuerbehörden in Entwicklungsländern ermöglichen, Steuerflucht in die Schweiz zu eruieren und zu unterbinden. Drei Massnahmen bieten sich in diesem Zusammenhang unmittelbar an: erstens die Veröffentlichung von länderbezogenen Berichten multinationaler Konzerne (das sogenannte public country-by-country-reporting), zweitens Pilotversuche im Rahmen des automatischen Informationsaustausches über Bankkundendaten (AIA-Pilotprojekte) mit Entwicklungsländern und drittens die Einführung von öffentlichen Registern über die wirtschaftlich Berechtigten von Firmen.
  4. Gemeinsam mit über 200 anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen aus der ganzen Welt fordert Alliance Sud die Streichung aller im Jahr 2020 fälligen Auslandsschuldenzahlungen von Entwicklungs- und Schwellenländern an bilaterale (Staaten), multilaterale (IWF/Weltbank) und private Gläubiger. Für diese Ziele soll sich die Schweiz beim IWF, in der Weltbank und im Pariser Club einsetzen. Ausserdem soll sie im IWF und der Weltbank auf die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel im Rahmen der Notfallinstrumente der Bretton-Woods-Institutionen hinarbeiten, mit denen Entwicklungs- und Schwellenländer kurzfristig die sozialen und ökonomischen Folgen der Corona-Krise bekämpfen können, ohne dabei neue Schulden aufnehmen zu müssen. Längerfristig muss sich die Schweiz in den Entscheidungsgremien der Weltbank und des IWF für eine Abkehr von politischen Kreditkonditionalitäten einsetzen, die zu einer Schwächung der öffentlichen Gesundheits- und Bildungssysteme führen, wie etwa die vom IWF verordnete Austeritätspolitik oder die von der Weltbank vorangetriebene Privatisierung von Bildungs- und Gesundheitssystemen...

[1] En Afrique „agir au plus vite pour éviter l’hécatombe“,  Gespräch mit Denis Mukwege, Le Monde, 1. April 2020.